Die Fußgänger, die im Nürnberger Industriegebiet Schmalau die Wiesbadener Straße entlanglaufen, haben die Chance, eine faszinierende Hightech-Choreographie zu beobachten: Auf dem Firmengelände der Klinkhammer Group können sie einen Blick in die Halle werfen, in der neue Lagerkonzepte getestet werden. Hinter der Panorama-Fensterfront saust mit 36 Stundenkilometern eine futuristisch anmutende Version eines Gabelstaplers auf Schienen zwischen den sechs Meter hohen Wänden eines Hochregallagers. Von Software gesteuert, holt dieses Regalbediengerät blaue Behälter aus den Regalen und setzt sie sanft auf die Fördertechnik, auf der sie zu den Kommissionierplätzen rollen. Hier zeigt der Computerbildschirm für jeden Kundenauftrag an, welche Artikel in welcher Menge entnommen werden müssen. Die Boxen treten danach wieder ihre automatische Rückreise in ihre Regalfächer an.
Die Klinkhammer Group zählt zu den führenden Anbietern von Intralogistik-Lösungen in Europa. Als Intralogistik werden die Material- und Warenflüsse innerhalb eines Betriebsgeländes bezeichnet. Das Leistungsportfolio des Familienunternehmens, das 2013 mit rund 100 Mitarbeitern einen Umsatz von 23 Mio. Euro erzielt hat, reicht von der Lageroptimierung über Erweiterungen bis hin zum kompletten Neubau von Zentrallagern. Gegründet wurde das Unternehmen von Adolf Klinkhammer, der sich 1972 als Planer von Förderanlagen selbstständig machte. Der erste Firmensitz war der Keller seines Einfamilienhauses, sodass seine Kinder die Expansion des Familienbetriebs hautnah miterlebten. Seine Söhne Detlef und Frank Klinkhammer sind 1998 in die Geschäftsführung eingetreten.
Digitalisierung prägt die Branche
Seit den 1970er Jahren hat die Intralogistik-Branche einen grundlegenden Wandel erlebt: Früher war das Reißbrett das wichtigste Handwerkszeug und die Mechanik die Königsdisziplin. Inzwischen prägt die Digitalisierung die Prozesse in der Intralogistik und der Fokus liegt auf der Software. „In unserer Branche ist die Industrie 4.0 schon längst angekommen – die vertikale Integration von Informationsflüssen, die Erfassung und die Analyse von Daten bilden den Kern unseres Geschäfts“, so Geschäftsführer Frank Klinkhammer. Allerdings profitiere das Unternehmen nach wie vor von seinen Wurzeln in der mechanisch geprägten Fördertechnik: „So beherrschen wir beide Felder, die Mechanik und die Informationstechnologie. Das erweist sich bei der Umsetzung von Intralogistik-Lösungen als großer Vorteil.“
Zur Firmengruppe gehört u.a. eine eigene Software-Schmiede, die AK Warehouse Solutions GmbH. Sie hält das Lagerverwaltungssystem DC21-WMS, eine Eigenentwicklung von Klinkhammer, auf dem neuesten Stand. Die Software-Spezialisten entwickeln außerdem IT-Lösungen für Kundenprojekte: „Standard-Software deckt etwa 70 Prozent der Kundenbedürfnisse ab. Die übrigen 30 Prozent erfordern individuelle Lösungen, die wir für unsere Auftraggeber realisieren“, erklärt Klinkhammer.
Die Referenzliste der Klinkhammer Group ist lang und hochkarätig besetzt: International bekannte Markenhersteller wie Puma und Adidas sind ebenso vertreten wie Mittelständler aus der Region. Bis zur Hälfte des Umsatzes wurde in den letzten Jahren außerhalb Deutschlands erzielt, wobei Europa den Schwerpunkt des Auslandsgeschäfts bildet. Das Branchenspektrum der Auftraggeber reicht von der Automobilindustrie über Handel und Dienstleistungen bis hin zur Konsumgüter- und Nahrungsmittelproduktion. In der Kundenkartei der Klinkhammer Group stehen auch zahlreiche inhabergeführte mittelständische Unternehmen. „Wir können uns in die Bedürfnisse und die Kommunikation dieser Klienten besonders gut einfühlen, weil unsere Unternehmenskultur ähnlich geprägt ist“, erklärt Frank Klinkhammer.
Die Klinkhammer Group entwickelt ihre Konzepte für die Intralogistik nach einem „360-Grad-Ansatz“: Darunter fallen alle Leistungen, von der Analyse über die Planung und Software-Entwicklung bis zur Realisierung und zum Service. Der Service spiele in der Branche eine Schlüsselrolle: Selbst kleine Störungen in der Lagertechnik, die den Materialfluss ins Stocken bringen, können die Produktion gefährden. Um diesen „Worst Case“ zu verhindern, sind Spezialisten von Klinkhammer rund um die Uhr in Rufbereitschaft.
Die Prozesskette im Blick
Als Basis für ein Intralogistik-Konzept analysiert Klinkhammer die Prozesskette eines Auftraggebers von der Anlieferung der Ware über die Kommissionierung bis zur Auslieferung des fertigen Auftrags an den Kunden. In diesem „Logistik-Audit“ werden alle Informations- und Materialflüsse überprüft. Im Fokus stehen dabei Wareneingang und Bestellung, Lagerung, Liefertreue und Versand. Die Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Konzept- und Layoutplanung eines Lagers sowie dessen strukturelle und technische Organisation.
Nach der Erfahrung von Frank Klinkhammer entstehen die besten Konzepte im engen Austausch mit den Auftraggebern. Um den Dialog mit den Kunden zu pflegen, veranstaltet das Unternehmen jedes Jahr den „Klinkhammer Intralogistik Tag“ mit Vorträgen, Diskussionen und Vorführungen. Diese Verknüpfung von Theorie und Praxis fand im November in der Marburger Tapetenfabrik in Kirchhain statt. Dort konnten die Teilnehmer ein Großprojekt der Klinkhammer Group in Aktion erleben: Das Nürnberger Unternehmen hat den Bau des Logistikzentrums mit verschiedenen Erweiterungen bei Marburg Wallcoverings durchgeführt. Mit einem vollautomatisierten Hochregal- und Kleinteilelager, einem neuen intralogistischen Konzept und neuen Versandarbeitsplätzen wurden die Durchlauf- und Bestellzeiten verringert und die Transparenz der Warenbewegungen erhöht.