Am 16. Juli traf sich in Bayreuth alles, was im Zusammenhang mit intelligenten Gebäuden Rang und Namen hat. Das IMB Institut, die Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation (IPA) und das Betriebswirtschaftliche Forschungszentrum für Fragen der mittelständischen Wirtschaft e. V. an der Universität Bayreuth (BF/M) empfingen ein 90-köpfiges Fachpublikum zur Tagung für Intelligente Gebäudetechnologien.
Die zu installierende Gebäudetechnik in den heutigen Bauprojekten wird immer vielfältiger und komplexer. Die notwendige Intelligenz von Gebäuden nimmt einhergehend stetig zu. Verantwortlich für diesen Trend sind zum einen die Bauherren und Nutzer der Gebäude, die mehr Effizienz und Komfort fordern. Aber auch der Gesetzgeber fördert diese Bewegung, indem er die Messlatte zur Erreichung der Klimaschutzziele kontinuierlich nach oben schiebt.
Diplom-Kaufmann Werner Wittauer, Leiter des IMB Instituts, ist seit Jahren aktiv in den Bereichen Gebäudetechnik, Gebäudeautomatisierung und Gebäudemanagement. Er schildert die aktuelle Situation wie folgt: „Gebäude werden immer intelligenter. Technische Anlagen werden zunehmend miteinander vernetzt. Und es spricht nicht mehr nur der Heizkörper mit dem Fenster, damit bei geöffnetem Fenster Energie nicht unnötig verschwendet wird. Heizung, Lüftung, Schließanlage, Elektro-Mobilität, Batteriespeicher, Wettervorhersagen und vieles mehr müssen in einer Gesamtlösung harmonieren. Gerade mit dieser Harmonie da hapert es jedoch in vielen Projekten. Bei der Planung und Realisierung der Gebäude besteht in der Regel enormer Zeit- und Kostendruck. Das ist gefährlich – die einschlägigen Großprojekte in Berlin oder Hamburg lassen grüßen. Aber auch im Einfamilienhaus verhält es sich ähnlich. Es fehlen die kompetenten Fachkräfte an allen Ecken und Enden, dennoch muss die Baustelle fertig werden. Die leidtragende Komponente ist dann regelmäßig die Intelligenz der Gebäude. Intelligent automatisierte Gebäude sind grundsätzlich eine große Chance, unsere Umwelt und den Geldbeutel zu schonen, auch Komfort und Sicherheit lassen sich steigern. Wer aber ohne Konzept und mit Zeitdruck automatisiert, der schafft das Gegenteil – Unzufriedenheit bei den Nutzern und Ineffizienz im Betrieb der Gebäude.“
Wie viel Intelligenz muss in ein Gebäude gepackt werden? Was nutzt diese Intelligenz? Was kostet das und macht es in der Gesamtbetrachtung Sinn? Diese Fragen wurden im Rahmen der Fachtagung diskutiert. Die Situation auf unseren Baustellen ist bereits hoch komplex und das Ende der Fahnenstange scheint noch nicht erreicht. Viele verschiedene Gewerke müssen bauphysikalisch, elektro-, automatisierungs- und IT-technisch aufeinander abgestimmt werden. Fehler kommen den Bauherren teuer zu stehen – das reicht vom Schimmelbefall bis hin zu Fehlfunktionen von Geräten und Anlagen, die den Nutzerkomfort schmälern oder die Betriebskosten in die Höhe treiben. Zu allem Übel geht meist das eine mit dem anderen einher. Auf kleineren Baustellen obliegt die notwendige Koordinationsaufgabe häufig dem Architekten. Dieser ist aber für die Details in den einzelnen Fachbereichen gar nicht qualifiziert. Fachplaner für die technische Gebäudeausrüstung oder gar für die Gebäudeautomation kosten zusätzliches Geld – das aber, so die einhellige Meinung unter den Tagungsteilnehmern, gut investiertes Kapital darstellt. Insgesamt gilt es festzustellen, dass alle Prozessbeteiligten im Rahmen der Entstehung und des Betriebs eines Gebäudes Probleme haben, mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Das beginnt bei den Bauherren, denen man es am wenigsten verübeln kann, und zieht sich durch über die Architekten und Fachplaner bis hin zu den ausführenden Unternehmen und Handwerksbetrieben. Verschiedene Studien bestätigen, dass heute bereits bei jedem zweiten Bauprojekt Fachanwälte eingeschaltet werden. Ein Resultat dessen, dass vielen Baubeteiligten das Know-how fehlt, die Dinge, die sie tun, richtig zu tun, so Wittauer. Dieser Entwicklung kann nur damit entgegnet werden, dass alle Prozessbeteiligten auf ihre Rolle im Bauprozess hin entsprechend auf den aktuellen Stand von Technik und Notwendigkeiten hin qualifiziert werden, so Wittauer weiter. Wittauer entwickelt daher gemeinsam mit der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld (Mitveranstalter der Fachtagung) entsprechende Schulungsangebote, die diesem Know-how-Defizit ab dem Jahr 2016 entgegenwirken sollen.
Weitere Mitveranstalter im Rahmen der Fachtagung waren die Industrie- und Handelskammer Bayreuth, das Automation Valley Nordbayern und der Cluster Mechatronik & Automation. Getagt wurde in der neu errichteten Green Factory Bavaria des Fraunhofer Instituts in der Universitätsstraße. Prof. Dr.-Ing. Rolf Steinhilper, verantwortlich für die Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation (IPA), und der Stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm sprachen die Grußworte im Rahmen der Veranstaltung.
Der 37-jährige Kaufmann Wittauer hat in den letzten Jahren unter anderem im Verein Deutscher Ingenieure beachtliches Renommee aufgebaut. So kommt es, dass mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der GA Ingenieurgesellschaft, Herrn Thomas Kohlhoff, der verantwortliche Fachingenieur für die Gebäudetechnik am Frankfurter Flughafen neben weiteren namhaften Experten in Bayreuth referierte. Auch aus der Forschungslandschaft konnte mit Hochkarätern aufgewartet werden. Prof. Dr.-Ing. Michael Krödel forscht an der Hochschule Rosenheim im Bereich künstlicher Intelligenz für Gebäude. Prof. Krödel steuerte einen Impulsvortrag bei und moderierte mit Wittauer gemeinsam die Tagung. Die Fachbeiträge der Referenten deckten insgesamt ein breites Spektrum ab: Von Lösungsansätzen für das moderne Einfamilienhaus bis hin zur hochwertigen Großimmobilie. Aufgrund der durchweg positiven Resonanz planen die Veranstalter für das Jahr 2016 eine Neuauflage der Fachtagung.